Schlechte Aussichten für das Holstenareal – Desaster im Rathaus Altona
Was als Öffentliche Fragestunde zum Holstenareal angekündigt war, erwies sich als neuer Tiefpunkt, der selbst wohlmeinenden Bürgerinnen und Bürgern die letzten Illusionen über die Bereitschaft der Bezirkspolitik zu einer ernsthaften Befassung mit dem Thema und zum Dialog mit Basisinitiativen genommen haben dürfte.
Wir hatten uns bereits seit langem mit der Materie befasst, reichten nun detaillierte Fragen ein und begaben uns in der Hoffnung, endlich konkrete Antworten zu erhalten, gespannt ins Altonaer Rathaus, zumal dort eine Stellungnahme der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) angekündigt war.
Doch unsere Hoffnungen wurden enttäuscht. Die Stellungnahme der Juristin aus der BSW erwies sich als äußerst dünn und dürftig und verblieb im Wesentlichen auf einer reinen Behauptungsebene, ohne stichhaltige und überprüfbare juristische Argumente zu liefern. So verneinte sie pauschal die Möglichkeit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) in Bezug auf das Holstenareal, indem sie die besondere städtebauliche Bedeutung des zukünftigen Stadtteils bestritt – und dies bei einem der wichtigsten und am meisten umstrittenen Bauvorhaben in Altona und Hamburg. Sie gab weiter zwar zu, dass gesetzlich keine Mindestgröße für eine SEM vorgesehen sei, um dies dann durch die Hintertür doch wieder zu behaupten. Zudem verlange eine SEM ein „Bündel von Maßnahmen“, das in diesem Fall nicht gegeben sei. Was sie damit meinte, blieb völlig unklar, interessierte aber auch niemanden wirklich. Die Mitglieder des Planungsausschusses – mit Ausnahme der Linken – waren auch ohne klärende Nachfragen sichtlich zufrieden, sich hinter der Begründung der BSW verschanzen und die ganze Angelegenheit ad acta legen zu können.
Wild wurde es kurz noch mal beim Punkt städtisches Vorkaufsrecht und der Frage, unter welchen Bedingungen dies greifen würde oder nicht (Sharedeals, Insolvenz, Höhe des Kaufpreises). Eine Antwort seitens der BSW-Vertreterin gab es darauf nicht. Dafür ging es im Ausschuss wüst hin und her, und es wurde deutlich, dass niemand in diesem Gremium genau Bescheid wusste. Auch die Frage nach alternativen Handlungsoptionen wurde nicht beantwortet. Stattdessen beendete der Ausschussvorsitzende Henrik Strate (SPD) abrupt die Diskussion und ließ über den Antrag der Linken abstimmen, der postwendend abgelehnt wurde.
Auf unsere verdutzte Frage, wann denn nun die detaillierten Fragen, die wir als Initiative schriftlich eingereicht hatten, beantwortet werden würden, meinte Strate, dies sei bereits geschehen. Es gab dann noch ein kurzes Wortgefecht zwischen ihm und den anwesenden Vertreterinnen mehrerer Initiativen, das mit der Drohung endete, uns des Saales verweisen zu lassen. Wir haben den Sitzungssaal daraufhin unter lautstarkem Protest verlassen. Nicht eine einzige unserer eingereichten Fragen wurde beantwortet. Die öffentliche Fragestunde geriet zur reinen Farce und war geradezu eine Verhöhnung des zivilgesellschaftlichen Engagements von Bürger*innen.
Insgesamt war es – insbesondere für eine Initiative, die sich seit drei Jahren intensiv mit dem Thema befasst – äußerst frustrierend, aber auch lehrreich, miterleben zu müssen, wie routiniert und in welcher luschigen, unengagierten Weise die ganze Angelegenheit abgespult wurde und mit welcher Kaltschnäuzigkeit und Arroganz der Macht wohl begründete Fragen unbeantwortet blieben.
Es ist sonnenklar geworden, dass es in der derzeitigen Bezirksregierung nicht den Hauch eines politischen Willens gibt, sich mit dem Thema Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme oder alternativer Handlungsoptionen ernsthaft zu befassen. Tatsächlich ist der Bezirk in dieser Hinsicht seit einem Jahr komplett untätig geblieben. Ebenso wurde deutlich, dass der Bezirk voll und ganz an den Inhalten des mit Consus/Adler verhandelten städtebaulichen Vertrags und Bebauungsplanentwurfs festhält, obwohl diese auf die Renditeerwartungen von Adler zugeschnitten waren und den Ansprüchen an eine klimagerechte Bebauung und soziale Entwicklung des künftigen Quartiers nicht genügen.
Stattdessen klopfte man sich gegenseitig auf die Schultern und lobte das vor einem Jahr erzielte vorzügliche Verhandlungsergebnis. Städtebaulicher Vertrag und Bebauungsplan liegen also weiter unterschriftsreif in der Schublade und sollen offenbar nicht noch mal angefasst werden. Beide werden wohl so unterschrieben, wenn der nächste Investor – oder unwahrscheinlicherweise Adler selbst (selbst das wurde von Sven Hielscher, CDU, noch mal ins Spiel gebracht) – eine Finanzierungszusage für das Bauvorhaben beibringt.
Die Stadt würde erklärtermaßen eine Lösung mit SAGA/Quantum plus/oder Dieter Becken favorisieren, wobei allerdings nicht erkennbar ist, ob die Verhandlungen mit Adler bereits laufen und wie erfolgversprechend sie sind. Es ist schließlich auch immer noch möglich, dass Adler – wie im Fall Neues Korallusviertel/Wilhelmsburg – plötzlich einen fünften Investor aus dem Hut zaubert, der mehr bietet, als SAGA/Quantum zu zahlen bereit sein dürften. Zudem hat sich Quantum durch seine unrühmliche Rolle beim Stadthaus und Zeise 2 nicht gerade als vertrauenswürdiger Bauherr empfohlen.
Insgesamt also keine guten Aussichten für das Holstenquartier – und das, obwohl das desaströse Scheitern des Skandalkonzerns Adler eigentlich die Chance bieten würde, das Quartier neu zu planen, um den gestiegenen Anforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden, erschwinglichen Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen und einen lebendigen, bunten und inklusiven Stadtteil zu gestalten, der dann – über Hamburg hinaus – tatsächlich eine Strahlkraft von „besonderer städtebaulicher Bedeutung“ entfalten könnte.
Von der derzeitigen Bezirksregierung und dem Senat ist in dieser Hinsicht nichts mehr zu erwarten. So viel ist deutlich geworden. Außerparlamentarische Initiativen und Aktionen sind erforderlich, um doch noch ein lebendiges Herz des neuen Altona zu schaffen.
P.S.: Eine Fortsetzung fand das Altonaer Trauerspiel in der Bürgerschaftssitzung vom 24. Mai 2023. Trotz einer engagierten Rede von Heike Sudmann wurde auch hier der Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Holstenareal nach nur 15-minüter Debatte abgelehnt.
Unsere Initiative für eine Bebauung und Gestaltung des Holstenareals im Sinne einer solidarischen Stadtentwicklung startete am 25. Oktober 2020 mit einer gut besuchten Podiumsdiskussion in der Theodor-Haubach-Schule in Altona.
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Zuletzt aktualisiert: 29. Mai 2023 von Astra
Schlechte Aussichten für das Holstenareal – Desaster im Rathaus Altona
Was als Öffentliche Fragestunde zum Holstenareal angekündigt war, erwies sich als neuer Tiefpunkt, der selbst wohlmeinenden Bürgerinnen und Bürgern die letzten Illusionen über die Bereitschaft der Bezirkspolitik zu einer ernsthaften Befassung mit dem Thema und zum Dialog mit Basisinitiativen genommen haben dürfte.
Worum ging es: Die Fraktion DIE LINKE hatte in der Bezirksversammlung Altona die Forderung unserer Initiative nach Einleitung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme aufgegriffen und unter dem Titel „Holsten-Areal: Zukunftsfähige sozial-ökologische Entwicklung unverzüglich durchsetzen!“ einen dringlichen Antrag eingebracht. Dieser wurde zur Beratung in den Planungsausschuss verwiesen. Zu der Sitzung am 17. Mai 2023 konnten interessierte Bürger*innen schriftlich vorab Fragen einreichen.
Wir hatten uns bereits seit langem mit der Materie befasst, reichten nun detaillierte Fragen ein und begaben uns in der Hoffnung, endlich konkrete Antworten zu erhalten, gespannt ins Altonaer Rathaus, zumal dort eine Stellungnahme der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) angekündigt war.
Doch unsere Hoffnungen wurden enttäuscht. Die Stellungnahme der Juristin aus der BSW erwies sich als äußerst dünn und dürftig und verblieb im Wesentlichen auf einer reinen Behauptungsebene, ohne stichhaltige und überprüfbare juristische Argumente zu liefern. So verneinte sie pauschal die Möglichkeit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) in Bezug auf das Holstenareal, indem sie die besondere städtebauliche Bedeutung des zukünftigen Stadtteils bestritt – und dies bei einem der wichtigsten und am meisten umstrittenen Bauvorhaben in Altona und Hamburg. Sie gab weiter zwar zu, dass gesetzlich keine Mindestgröße für eine SEM vorgesehen sei, um dies dann durch die Hintertür doch wieder zu behaupten. Zudem verlange eine SEM ein „Bündel von Maßnahmen“, das in diesem Fall nicht gegeben sei. Was sie damit meinte, blieb völlig unklar, interessierte aber auch niemanden wirklich. Die Mitglieder des Planungsausschusses – mit Ausnahme der Linken – waren auch ohne klärende Nachfragen sichtlich zufrieden, sich hinter der Begründung der BSW verschanzen und die ganze Angelegenheit ad acta legen zu können.
Wild wurde es kurz noch mal beim Punkt städtisches Vorkaufsrecht und der Frage, unter welchen Bedingungen dies greifen würde oder nicht (Sharedeals, Insolvenz, Höhe des Kaufpreises). Eine Antwort seitens der BSW-Vertreterin gab es darauf nicht. Dafür ging es im Ausschuss wüst hin und her, und es wurde deutlich, dass niemand in diesem Gremium genau Bescheid wusste. Auch die Frage nach alternativen Handlungsoptionen wurde nicht beantwortet. Stattdessen beendete der Ausschussvorsitzende Henrik Strate (SPD) abrupt die Diskussion und ließ über den Antrag der Linken abstimmen, der postwendend abgelehnt wurde.
Auf unsere verdutzte Frage, wann denn nun die detaillierten Fragen, die wir als Initiative schriftlich eingereicht hatten, beantwortet werden würden, meinte Strate, dies sei bereits geschehen. Es gab dann noch ein kurzes Wortgefecht zwischen ihm und den anwesenden Vertreterinnen mehrerer Initiativen, das mit der Drohung endete, uns des Saales verweisen zu lassen. Wir haben den Sitzungssaal daraufhin unter lautstarkem Protest verlassen. Nicht eine einzige unserer eingereichten Fragen wurde beantwortet. Die öffentliche Fragestunde geriet zur reinen Farce und war geradezu eine Verhöhnung des zivilgesellschaftlichen Engagements von Bürger*innen.
Insgesamt war es – insbesondere für eine Initiative, die sich seit drei Jahren intensiv mit dem Thema befasst – äußerst frustrierend, aber auch lehrreich, miterleben zu müssen, wie routiniert und in welcher luschigen, unengagierten Weise die ganze Angelegenheit abgespult wurde und mit welcher Kaltschnäuzigkeit und Arroganz der Macht wohl begründete Fragen unbeantwortet blieben.
Es ist sonnenklar geworden, dass es in der derzeitigen Bezirksregierung nicht den Hauch eines politischen Willens gibt, sich mit dem Thema Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme oder alternativer Handlungsoptionen ernsthaft zu befassen. Tatsächlich ist der Bezirk in dieser Hinsicht seit einem Jahr komplett untätig geblieben. Ebenso wurde deutlich, dass der Bezirk voll und ganz an den Inhalten des mit Consus/Adler verhandelten städtebaulichen Vertrags und Bebauungsplanentwurfs festhält, obwohl diese auf die Renditeerwartungen von Adler zugeschnitten waren und den Ansprüchen an eine klimagerechte Bebauung und soziale Entwicklung des künftigen Quartiers nicht genügen.
Stattdessen klopfte man sich gegenseitig auf die Schultern und lobte das vor einem Jahr erzielte vorzügliche Verhandlungsergebnis. Städtebaulicher Vertrag und Bebauungsplan liegen also weiter unterschriftsreif in der Schublade und sollen offenbar nicht noch mal angefasst werden. Beide werden wohl so unterschrieben, wenn der nächste Investor – oder unwahrscheinlicherweise Adler selbst (selbst das wurde von Sven Hielscher, CDU, noch mal ins Spiel gebracht) – eine Finanzierungszusage für das Bauvorhaben beibringt.
Die Stadt würde erklärtermaßen eine Lösung mit SAGA/Quantum plus/oder Dieter Becken favorisieren, wobei allerdings nicht erkennbar ist, ob die Verhandlungen mit Adler bereits laufen und wie erfolgversprechend sie sind. Es ist schließlich auch immer noch möglich, dass Adler – wie im Fall Neues Korallusviertel/Wilhelmsburg – plötzlich einen fünften Investor aus dem Hut zaubert, der mehr bietet, als SAGA/Quantum zu zahlen bereit sein dürften. Zudem hat sich Quantum durch seine unrühmliche Rolle beim Stadthaus und Zeise 2 nicht gerade als vertrauenswürdiger Bauherr empfohlen.
Insgesamt also keine guten Aussichten für das Holstenquartier – und das, obwohl das desaströse Scheitern des Skandalkonzerns Adler eigentlich die Chance bieten würde, das Quartier neu zu planen, um den gestiegenen Anforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden, erschwinglichen Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen und einen lebendigen, bunten und inklusiven Stadtteil zu gestalten, der dann – über Hamburg hinaus – tatsächlich eine Strahlkraft von „besonderer städtebaulicher Bedeutung“ entfalten könnte.
Von der derzeitigen Bezirksregierung und dem Senat ist in dieser Hinsicht nichts mehr zu erwarten. So viel ist deutlich geworden. Außerparlamentarische Initiativen und Aktionen sind erforderlich, um doch noch ein lebendiges Herz des neuen Altona zu schaffen.
P.S.: Eine Fortsetzung fand das Altonaer Trauerspiel in der Bürgerschaftssitzung vom 24. Mai 2023. Trotz einer engagierten Rede von Heike Sudmann wurde auch hier der Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Holstenareal nach nur 15-minüter Debatte abgelehnt.
P.P.S.: Zum Nachlesen – keine Antworten auf offene Fragen: Wir veröffentlichen für die weitere Auseinandersetzung unsere Fragen an den Planungsausschuss in Altona sowie die Einwendungen zum städtebaulichen Vertrag und Bebauungsplanentwurf zum Holstenareal, die wir anlässlich der öffentlichen Auslegung bereits im Dezember 2021 eingereicht hatten.
Kategorie: Allgemein
Intro
Unsere Initiative für eine Bebauung und Gestaltung des Holstenareals im Sinne einer solidarischen Stadtentwicklung startete am 25. Oktober 2020 mit einer gut besuchten Podiumsdiskussion in der Theodor-Haubach-Schule in Altona.
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